Informatik und Ethik

Herbert Klaeren

Vortrag im Gesprächskreis kath. Professoren

Tübingen, 8. Nov. 1995

 

Wieso Informatik und Ethik?

 

Meine Damen und Herren,

zu Anfang möchte ich mich für die Einladung herzlich bedanken, mit Ihnen ethische Fragestellungen in der Informatik diskutieren zu dürfen. Die Ehre, daß ich ausgerechnet über dieses Thema vortragen darf, habe ich wohl einerseits meiner Mitarbeit im Beraterkreis des Graduiertenkollegs "Ethik in den Wissenschaften" und andererseits der Tatsache zu verdanken, daß ich im letzten Herbst zusammen mit Kollegen Mieth einen kleinen, aber feinen Workshop mit dem Titel "Ethik und Informatik" veranstaltet habe. Lassen Sie mich zu Beginn kurz erklären, wie ich überhaupt an diesen Themenkreis geraten bin.

Bedingt durch die Genese der Informatik in Tübingen haben wir in unserem Studienplan ein Fachgebiet "Informatik und Gesellschaft" , welches für alle Studenten verpflichtend ist. Offensichtlich war der Senat, der diesen Passus seinerzeit kreativ in die Prüfungsordnung eingefügt hat, der Ansicht, daß gerade die Informatiker eine besondere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft haben und hierauf gezielt vorbereitet werden müssen. Leider ist der Senat allerdings nicht so weit gegangen, einen eigenen Lehrstuhl zu beantragen, der sich mit diesem Themenkreis beschäftigt; dies wäre im Grunde eine logische Konsequenz gewesen. Da zu meinem Aufgabenbereich ( "Programmierung" ) auch die sogenannte Softwaretechnik ("Software engineering") gehört, bei der es um Methoden und Werkzeuge zur Erstellung großer Softwaresysteme geht, habe ich mich schon immer bemüht, den Studenten klarzumachen, welche Auswirkungen ihre Arbeit auf die menschliche Gesellschaft haben kann; sie müssen dann selbst sehen, welche Schlüsse sie daraus ziehen. Insofern habe ich mich in einem gewissen Ausmaß veranlaßt gesehen, mich zumindest in der Lehre mit Informatik und Gesellschaft zu beschäftigen. Ethische Überlegungen sind ein Teil hiervon; allerdings kann ich als Informatiker kaum mehr tun, als auf das die Relevanz ethischer Fragestellungen hinzuweisen, für Weitergehendes fehlt mir die Kompetenz. Da ich gerade damit beschäftigt bin, einen Modellversuch Informatik und Gesellschaft im Fernstudium in die Wege zu leiten, weiß ich, daß dieses Thema von einer großen Zahl von Kollegen für wichtig gehalten wird, daß es aber andererseits auch bei nicht wenigen auf absolutes Unverständnis stößt. Diese halten Informatik für eine technische Disziplin, die weder qualifiziert noch motiviert ist, über ihre gesellschaftlichen Implikationen nachzudenken. Andere geben zu bedenken, daß wir als Informatiker nicht selbst die Bedeutung unserer Arbeit relativieren sollten und unserer Wissenschaft damit das Wasser abgraben. Ich will deshalb gleich, damit nicht auch hier ein falscher Eindruck entsteht, betonen, daß ich überzeugt bin, daß die Informatik im ganzen ausgesprochen wichtig ist und sehr segensreiche Wirkungen auf die Welt und die Menschheit hat. Wegen des ungeheuren Potentials, das in ihr steckt, ist es dennoch wichtig, daß die Informatiker über ihrer täglichen Arbeit nicht vergessen, sich ab und zu zurückzulehnen und über Sinn, Zweck, Ziel und Folgen ihres Wirkens nachzudenken.

Am Rande möchte ich bemerken, daß sich, wenn Informatiker von Ethik reden - und da schließe ich mich selbst nicht aus - gerne eine gewisse Begriffsverwirrung einschleicht, da die Diskussionen meist von der amerikanischen Literatur beeinflußt sind. Ethik ist aber nicht dasselbe wie ethics und vieles von dem, was Informatiker unter der Überschrift Ethik verhandeln, hat eher mit Moral zu tun.

Verstärkt wurde meine Beschäftigung mit ethischen Fragestellungen, seitdem ich in Zusammenarbeit mit Kollegen Wimmer vom Zentrum für Ethik in den Wissenschaften einen Promovenden betreue (Johannes Busse), der sich bereits in seiner Diplomarbeit mit der Problematik von computerbasierten entscheidungsunterstützenden Systemen auseinandergesetzt hat und jetzt über Berechenbare Vernunft und die Zuschreibung von Verantwortung arbeitet. Manches von dem, was ich heute abend sage, ist durch Diskussionen mit ihm beeinflußt.

Das Selbstverständnis der Informatik

Bevor wir über die Beziehung zwischen Informatik und Ethik reden können, sind einige Worte angebracht, was Informatik überhaupt ist bzw. wie sie sich selbst sieht. In der angelsächsischen Literatur gibt es Diskussionen, ob diese Wissenschaft nun compu ter science oder comput ing science genannt werden muß, d.h. also ob sie tatsächlich primär mit dem Computer als einer universellen Maschine beschäftigt ist oder ob sie sich allgemein mit "Rechenprozessen" aller Art beschäftigt. Die zweite Alternative wirft sogleich das nächste Problem auf, nämlich zu definieren, was man unter einem "Rechen"prozeß verstehen will. Die deutsche Bezeichnung Informatik , die Anfang der sechziger Jahre eingeführt wurde, vermeidet dieses Begriffsproblem bewußt und macht einerseits klar, daß wir uns hier mit Informationsverarbeitung im weitesten Sinne beschäftigen; andererseits halte ich aber auch den Gleichklang mit Mathematik durchaus nicht für einen Zufall. Manche Kollegen sehen Informatik in der Tat als einen Zweig der konstruktiven Mathematik; für sie ist Informatik in der Hauptsache die Wissenschaft von den Algorithmen. Andere sehen sie mehr in der elektrotechnischen Tradition und definieren sie deshalb als eine Ingenieurswissenschaft , die für ein Problem unter gegebenen Randbedingungen eine wirtschaftliche und sichere Lösung sucht. Wieder andere versuchen einen Kompromiß dazwischen und bezeichnen Informatik als eine allgemeine Methodenwissenschaft .

Sprechen wir aber zunächst einmal über die Maschine, also den Computer. Die ersten Metaphern, die zu Beginn der Fünfziger Jahre mit dem Computer verbunden wurden und sich teilweise erstaunlich lange gehalten haben, sind die des Elektronengehirns , des giant brain , der thinking machine . Hier wurde der Computer als der ultimative, weil unfehlbare und durch und durch rationale Denker charakterisiert, gegenüber dem der Mensch mit seinen Irrtümern notwendig als zweite Wahl erscheinen muß. Welche Folgerungen für das Menschenbild das haben mußte, können wir gerne in der Diskussion ansprechen (Stichwort: Der Mensch als unvollkommene Maschine ); die meisten haben es bis heute Gott sei Dank gelernt, über den Computer differenzierter zu urteilen. Daß es überhaupt zu einer derartigen Überschätzung des Computers kommen konnte, liegt vielleicht daran, daß der Computer einen alten Menschheitstraum zu verwirklichen schien: Bereits Raimundus Lullus (Ramon Llull) hatte im 13. Jahrhundert die Vision, daß es möglich sein müßte, mit Hilfe der von ihm erdachten ars combinatoria aus absoluten Prinzipien alle möglichen Begriffe herzuleiten. Dieser Gedanke wurde 1666 von Leibniz aufgegriffen, der die ars inveniendi von der ars iudicandi unterschied. Mit der einen sollte es möglich sein, absolute Wahrheiten algorithmisch herzuleiten, mit der anderen, Aussagen zu verifizieren oder zu falsifizieren. Leibniz ging so weit, zu prophezeien, daß sich in ferner Zukunft philosophische Dispute gänzlich erübrigen würden, weil die Philosophen sich in Zweifelsfällen auf ein calculemus einigen würden: "Laßt es uns ausrechnen!". Leibniz "erfand" zwar die Dualzahlen, auf denen heutige Computer basieren und baute auch eine Rechenmaschine; den modernen programmgesteuerten Computer hat er jedoch vermutlich nicht ahnen können. Zwar hat die moderne Mathematik zu Anfang dieses Jahrhunderts mit ihren Unvollständigkeitssätzen Leibniz's Visionen als unmöglich klassifiziert, trotzdem hat der Computer ganz in der Leibnizschen Tradition einen absoluten Wahrheitsanspruch aufgrund seiner scheinbaren Objektivität und Rationalität. Computer fahren U-Bahnzüge billiger und sicherer als menschliche Fahrer, sie landen Flugzeuge im Nebel, planen Wartungsarbeiten am ICE, kurz: sie sind einfach zuverlässige Befolger vorgegebener Regeln. Wären Computer vielleicht auch die beste Wahl für die Exekutive in unserem politischen System? Wäre das in Platos politeia geschilderte Ideal eines uneigennützigen, rational operierenden "Philosophen" auf dem Königsthron in ferner Zukunft durch einen Computer zu verwirklichen?

Informatiker sehen den Computer begreiflicherweise wesentlich realistischer. Die von ihnen heute am liebsten verwendete Metapher ist die des Computers als (universellem) Werkzeug . Bei Licht betrachtet, ist in Wirklichkeit die Kombination von Computer und Programm das Werkzeug, oder vielleicht sogar nur das Programm, da es letztlich unerheblich ist, ob es von einem Computer oder einem Menschen befolgt wird. Damit kommen wir der algorithmenbetonten Richtung der Informatiker wiederum näher; andererseits erklärt diese Sicht als Werkzeug aber auch, wieso Kollegen glauben können, von ethischen Fragestellungen abstrahieren zu können: Ethik beschäftigt sich stets mit einer Abwägung von Werten , diese sind aber für ein bloßes Werkzeug nicht relevant, sondern vielmehr für den, der das Werkzeug verwendet. Natürlich kann man etwa mit einem Brotmesser auch einen Menschen verletzen oder gar töten, aber das Messer selbst wie auch denjenigen, der es als Brotmesser hergestellt hat, trifft in diesem Zusammenhang keine Schuld oder Verantwortung. Wir werden gleich am Beispiel sehen, daß es bei manchen Werkzeugen allerdings fraglich sein kann, ob man sie herstellen sollte bzw. in welchem Kreis man sie verteilen sollte.

Die Stärke des Computers ist das regelgeleitete Handeln , das heißt also die Bearbeitung großer Mengen von Daten nach einem einheitlichen "Schema F", ohne irgendwelche Ausnahmen zuzulassen. Wie Kollegin Floyd auf dem bereits erwähnten Workshop ausführte, ist der Mensch ist im Prinzip unfähig, stupide nach einer solchen formalen Regel zu verfahren. Selbst wenn er sich einredet, präzise nach einer Regel zu verfahren, wird er doch ständig nach Vereinfachungen und Abkürzungen suchen bzw. den eigentlichen Sinn der Regel zu ergründen versuchen und dann sinngemäß anstatt formal verfahren. Ist der Mensch also irrational? Und der Computer unmenschlich? Heinz Zemanek hat vor fast 20 Jahren eine interessante Tabelle aufgestellt, in der in zwei Spalten unterschiedliche Begriffe einander gegenübergestellt waren:

 

Regel

Ausnahme

Wiederholung

Überraschung

Uniformität

Individualität

u.a.m.

 

 

Hier finden sich in der linken Spalte Begriffe, die dem Computer bzw. einer rechnergestützten Verarbeitung besonders entgegenkommen, in der rechten Spalte Dinge, die uns als Menschen besonders faszinieren.

Eine unerwartete Quelle zum Thema Informatik und Gesellschaft, besonders zu den ethischen Implikationen, findet sich in den Werken von Isaak Asimov. Er hat sich als Science Fiction-Autor viel mit Robotern beschäftigt; für ihn war der stationäre Computer als Rechenmaschine nicht so interessant wie der (auto)mobile und (auto)agierende Roboter. Die drei Asimovschen Robotergesetze sind ein früher Versuch, ethische Grundlagen für Computer in der menschlichen Gesellschaft zu finden. Von Asimov stammt (in einer seiner Robotergeschichten) der Satz "A Robot is logical, but not rational" . Offensichtlich impliziert der menschliche Begriff der Rationalität das Recht, die Grenzen der Logik gelegentlich zu sprengen.

Der Computer hat in unserer Gesellschaft zweifellos eine gewisse Autorität, sei es nun zu recht oder zu unrecht. Sicherlich ist es eine der ethischen Grundfragen der Informatik, ob die Informatiker sich mit dieser Frage auseinandersetzen müssen oder nicht, ob sie etwa Computergläubigkeit, wo sie auftritt, bekämpfen müssen oder nicht.

Sprechen wir kurz noch einmal über den Ingenieursaspekt der Informatik. Wir sind es von sonstigen Erzeugnissen der Ingenieurskunst, seien es nun Waschmaschinen, Autos, Fernseher, gewöhnt, daß die Hersteller eine gewisse Garantie für das korrekte Funktionieren des Produkts über einen gewissen Zeitraum übernehmen. Schaut man sich dagegen Garantiebestimmungen für Software an, so stellt man fest, daß hier in der Regel nicht mehr garantiert wird als daß die Disketten schwarz, quadratisch und mit magnetischen Aufzeichnungen versehen sind. Dies steht den in den Computer gesetzten Erwartungen offensichtlich diametral entgegen und insofern ist es sehr zu wünschen, daß sich PCs mit ihrer fehlerbehafteten Software noch weiter verbreiten, denn möglicherweise ist dies der wirkungsvollste Beitrag zur Verminderung einer eventuell immer noch vorhandenen Computergläubigkeit. Es wäre aber weit gefehlt, die Informatiker anzuschuldigen, weil sie den Perfektionsgrad sonstiger Ingenieursdisziplinen noch nicht erreicht haben. In der Tat liegt es in der Natur des digitalen Computers, daß es ab einem gewissen Komplexitätsgrad geradezu unmöglich ist, korrekte Programme zu entwickeln. Die klassischen Methoden der Ingenieure, Systeme so lange in Teilsysteme zu zerlegen, bis man auf einem Niveau angelangt ist, daß die Korrektheit sozusagen ins Auge springt, funktioniert bei Software nämlich nicht: man sieht nicht, "wie die Zahnräder ineinandergreifen" und ganz entfernt liegende Stücke der Software können zu ungeahnten Interaktionen führen. David Parnas hat das in seinem Artikel über das SDI-Programm ausgeführt; hier fehlt der Raum, die Argumentation zu wiederholen.

Fallbeispiele

Seneca hat gesagt "Verba docent, exempla trahunt" ; schauen wir deshalb auf einige Beispiele.

SATAN

Am 5. April 1995 entließen Dan Farmer (Silicon Graphics) und Wietse Venema (TH Eindhoven) das Werkzeug SATAN ins Internet, nachdem sie dies Wochen zuvor detailliert angekündigt hatten. Bereits unmittelbar nach der ersten Ankündigung begannen die Diskussionen, ob man so etwas tun darf. SATAN ist eine Abkürzung für S ystem's A dministrator's T ool for A nalyzing N etworks, also ein Sicherheitsanalyse-Werkzeug für die Verwalter von Computernetzwerken. Hierzu muß ich vielleicht nicht mehr erklären, daß die heute vorliegende weltweite Vernetzung vieler Millionen von Computern ihre eigenen Probleme schafft. Wenn man nicht höllisch aufpaßt (sic!), kann ein Hacker aus seinem bequemen Wohnzimmer in Kalifornien, Singapur oder Feuerland leicht in einen Rechner auf dem Tübinger Schloß einbrechen und dort zu einer Zeit Schaden anrichten, wo niemand wach ist, um den Einbruch abzuwehren. Oft werden Einbrüche im großen Stil vorgenommen, indem Tausende von Rechnern angegriffen werden, die eine ähnliche Sicherheitslücke haben. Es gibt deshalb zentrale Organisationen, z.B. das C omputer E mergency R esponse T eam (CERT), wo solche Sicherheitslücken gemeldet und analysiert werden und die Verwalter entsprechender Systeme informiert werden, wie sie hier Abhilfe schaffen können. Die Daten über die Sicherheitsprobleme sind öffentlich und können von jedermann abgerufen werden; natürlich wird dafür gesorgt, daß man hier nicht etwa noch jemandem gute Tips für seinen nächsten Einbruch gibt.

Farmer und Venema haben nun ein Programm geschrieben, welches Computernetzwerke automatisch auf die beim CERT dokumentierten Sicherheitslücken untersucht und zu jedem aufgefundenen Problem die Informationen des CERT bezüglich des möglichen Schadens und der vorzunehmenden Abwehrmaßnahme auflistet.

Für einen unerfahrenen Systemverwalter (und davon gibt es stetig mehr) ist SATAN deshalb ein Werkzeug von unschätzbarem Wert. Kann es also verwerflich sein, SATAN in die Welt gesetzt zu haben? Offensichtlich kann man dieser Ansicht sein, denn die Firma Silicon Graphics hat Dan Farmer fristlos entlassen. Außerdem wurden im Zeitraum zwischen SATANs Ankündigung und Freigabe gleich zwei neue Werkzeuge in die Welt gesetzt: Courtney (Lawrence Livermore National Lab) und Gabriel (Los Altos Technologies), die in Netzwerken gezielt nach gerade ablaufenden SATAN-Prozessen suchen und diese abschießen.

Worin liegt also das Problem bei SATAN? Nun, zunächst einmal gibt es sehr viele gleichartige Rechner auf der Welt und vielfach sind die Sicherheitslücken bereits vom Hersteller der Systemsoftware eingebaut. Wer also über die Probleme seines eigenen Rechners informiert wird, bekommt gleichzeitig Hinweise, wo die Schwächen seines Nächsten liegen. Außerdem analysiert SATAN immer gleich auch die anderen Rechner in einem Netzwerk, die vielleicht gar nicht dem SATAN-Anwender gehören und deren Besitzer nicht möchten, daß ihre Sicherheitsprobleme analysiert werden. Die Einbeziehung des ganzen Netzwerks ist aber für ein korrektes Funktionieren unerläßlich, wie die folgende Analogie zeigt: Wenn ich in einem Hochhaus lebe, genügt es nicht, daß ich selbst abends die Haustüre und die Kellereingänge absperre, ich muß mich auch darauf verlassen, daß die anderen dies tun. Vielleicht muß ich sogar darauf bestehen, daß die Erdgeschoßbewohner ihre Fenster verschließen, wenn sie die Wohnung verlassen.

Trotzdem bleibt das Faktum, daß SATAN ja nur die beim CERT sowieso dokumentierten Fehler feststellt, für die im übrigen auch jeweils eine Abhilfe existiert und sofort mit angeboten wird. Analysiert man die gegen SATAN vorgebrachten Argumente, so laufen Sie im wesentlichen auf folgendes hinaus:

 "Man soll das Wissen der Hohepriester nicht unter das gemeine Volk streuen" . Schon Horaz dichtete Odi profanum volgus et arceo , ein Spruch, der weder arrogant noch ironisch zu lesen ist. Zugegebenermaßen handelt es sich bei dem SATAN-Wissen um allgemein zugängliche Informationen, jedoch können diese normalerweise nur von Experten verstanden und ausgewertet werden. Den Experten traut man genug Verantwortungsbewußtsein zu, damit umzugehen, weil sie wissen, welche Verzweiflung und welche Mühen ein bösartiges Ausschlachten dieser Informationen verursachen kann. SATAN ist aber so leicht zu besorgen, zu installieren und zu starten, daß das wirklich jeder kann, also auch jemand, der gar nicht weiß, welchen Schaden er möglicherweise anrichten kann. Das erinnert an das Sprichwort "Messer, Gabel, Schere, Licht ist für kleine Kinder nicht." Charakteristische Zitate aus einem Aufsatz in einer Fachzeitschrift sind: "Ohne SATAN müßte jemand mit böser Absicht die Details dieser Verletzlichkeiten kennen, um sie an einer bestimmten Stelle ausschlachten zu können. SATAN macht die Verletzlichkeiten so offensichtlich, daß niemand sie übersehen kann." ..."Installation und Ausführung war einfach - in der Tat zu einfach, denn selbst ein Anfänger könnte es tun." ... "Trotz der von uns unterstellten altruistischen Absichten der Entwickler haben wir den Verdacht, daß SATAN eine neue Bande von Computer-Einbrechern hervorbringen wird."

 "Man darf doch die Welt nicht zwingen, ein bestimmtes Werkzeug zu verwenden." Dieses Argument mag zunächst überraschen, spätestens auf den zweiten Blick wird jedoch folgendes klar: Wenn ich weiß, daß SATAN existiert und vielleicht von Leuten mißbraucht wird, um in meinen Rechner einzubrechen, dann muß ich doch sicherheitshalber SATAN möglichst schnell selbst einsetzen, um die Sicherheitslücken meines Rechners zu finden und zu beheben. Ein Problem dabei ist natürlich, daß ich mich dabei bei den Kollegen innerhalb meines Netzwerks als möglicherweise krimineller SATAN-Benutzer präsentiere...

CompuServe-Foren

Einer der wohletablierten Anbieter auf dem Gebiet der Computervernetzung ist die Firma CompuServe. Sie bietet privaten PC-Besitzern allgemeine Computerdienste wie Zugriff auf Lexika, Wetterprognosen, Flugbuchungssysteme etc., aber außerdem den Zugang zu sogenannten Foren. Diese sind sozusagen elektronische Äquivalente zu Clubs mit einer jeweils spezifischen Thematik. Man muß sich zu diesen Foren normalerweise anmelden, d.h. also Mitglied werden, wobei man eine elektronische Visitenkarte hinterläßt. Durch einfache Kommandos kann man dann das Forum (d.h. also sozusagen die Clubräume) "betreten", wobei alle anderen, die gerade "im Forum sind", eine kurze Nachricht erhalten (z.B. "Herbert Klaeren has just entered the forum"). Mit Leuten, die "im Forum sind", kann man direkt kommunizieren; darüber hinaus hat das Forum ein schwarzes Brett mit öffentlichen Diskussionsbeiträgen und eine Bibliothek, aus der man nicht nur kopieren, sondern zu der man auch selbst Beiträge leisten kann. Worauf ich aber hier abziele, sind die sogenannten Konferenzen , denn in jedem Forum gibt es eine Anzahl virtueller Konferenzzimmer, in denen zu vorher festgesetzten Zeiten Diskussionen zu angekündigten Themen stattfinden. Jedes Mitglied des Forums kann einen Raum reservieren und eine solche Konferenz veranstalten. Was jeder Diskussionsteilnehmer hier durch Tippen auf seiner Tastatur beiträgt, erscheint auf den Computerbildschirmen der anderen eindeutig mit seinem Namen gekennzeichnet, so daß also richtige qualifizierte Diskussionen möglich sind inklusive der Möglichkeit, den gesamten Verlauf elektronisch zu protokollieren. Was hier meine Aufmerksamkeit erregt hat, ist der Ignore -Knopf der Konferenzschnittstelle, der eine Funktionalität bietet, wie wir sie von Diskussionen im richtigen Leben nicht gewohnt sind. Ich zitiere aus dem CompuServe-Handbuch:

Ignorieren erlaubt Ihnen, die Übertragungen eines anderen Mitglieds zu blockieren. Die Konversationsbeiträge der ignorierten Person werden auf Ihrem Bildschirm nicht mehr erscheinen, aber für die anderen Mitglieder immer noch sichtbar sein. Wenn Sie auf Ignorieren klicken, wird Ihnen eine Liste aller Teilnehmer in dem Forum angeboten. Heben Sie den Namen der Person hervor, die Sie ignorieren wollen und klicken Sie auf Markieren . Nachdem Sie so viele Namen markiert haben, wie Sie wollen, klicken Sie auf OK .

Ist die Leichtigkeit, mit der es hier gelingt, einen Mitmenschen zu ignorieren, nicht erschreckend? Der solchermaßen Ignorierte erfährt nicht einmal, daß bzw. von wem er soeben ignoriert wurde. So kann es geschehen, daß jemand sich über eine von seinem Intelligenzgrad abhängige Periode hin bemüht, profunde Einsichten zu einer Diskussion beizutragen, wobei jedoch in Wirklichkeit seine weisen Worte ungehört verhallen, weil er schon längst von allen ignoriert wurde. Während Schiller noch dichtete "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", so scheint dieses Problem hier in geradezu idealer Weise gelöst: Ich klicke den bösen Nachbarn einfach weg und die Person existiert für mich gar nicht mehr. Heutzutage, wo CompuServe von wenigen hunderttausend Computerfreaks genutzt wird, mag dies als unproblematisch angesehen werden; nehmen wir aber die Zukunftsaussichten der sog. "Datenautobahn" ernst und gehen wir davon aus, daß in Zukunft elektronische Kommunikation ein wesentlicher Faktor in der menschlichen Gesellschaft sein wird, so gibt es hier offensichtlich Handlungsbedarf.

Computer verändern die Welt und die menschl. Gesellschaft

Computer sind Intelligenzverstärker im positiven wie im negativen Sinne: Konfrontiert mit Wissen und Vernunft, liefern sie größeres Wissen und größere Vernunft; konfrontiert mit Dummheit und Arroranz liefern sie größere Dummheit und Arroganz. Insofern verändern sie die Welt und die menschliche Gesellschaft: Die Intelligenten, Gebildeten, Wohlhabenden werden immer intelligenter, gebildeter, wohlhabender, die Dummen, Ungebildeten, Armen immer dümmer, ungebildeter, ärmer. Die Gefahr besteht, daß wir als die Intelligenten, Gebildeten, Wohlhabenden dies möglicherweise nicht als Problem ansehen. Ich möchte das Problem wiederum in zwei spezifischen Situationen vorführen:

Job Enrichment oder Dequalification?

Ein Argument für die fortschreitende Computerisierung der Arbeitswelt ist es, daß der Computer uns die langweiligen und nervtötenden Routinearbeiten abnimmt, so daß wir uns auf die interessanteren, anspruchsvolleren Aufgaben konzentrieren können (siehe Zemaneks Tabelle!). Auf diese Weise sollte der Computer also zu einer Bereicherung der Arbeit (neuschwäbisch job enrichment ) beitragen. Was man in diesem Zusammenhang gerne übersieht, ist daß dies den persönlichen Leistungsdruck erhöht. Vielleicht ist jemand ja gar nicht acht Stunden am Tag in Höchstform und willens, sich mit den anspruchsvollen Problemen zu beschäftigen, vielleicht freut er sich ja geradezu, sich zwischendurch sozusagen zur Erholung eine Weile lang mit langweiligen und nervtötenden Routinearbeiten beschäftigen zu dürfen. Dieses Argument ist ein individuelles, Informatiker würden sagen: lokales; es gibt aber auch ein globales Argument, daß sich nämlich hier eine gefährliche Schere öffnet: Manche Menschen sind einfach aufgrund ihrer geistigen Fähigkeiten oder fehlenden Ausbildung gar nicht in der Lage, die höherwertigen Tätigkeiten auszuüben. Indem ich einfache Tätigkeiten auf den Computer übertrage, raube ich diesen Menschen ihre Arbeit und verwandle sie von nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft in scheinbar nutzlose Esser.

Deskilling Effect

Auf einer ganz ähnlichen Schiene liegt der sog. deskilling effect : Wenn man eine bestimmte Tätigkeit über große Zeiträume hinweg dem Computer (oder irgendeiner anderen Maschine) überträgt, verliert die Menschheit diese Fähigkeit mangels Übung ganz. Ob das ein Verlust für die menschliche Kultur ist, muß im Einzelfall überlegt werden; jedenfalls habe ich schon Mathematiklehrer klagen gehört, daß Schülern durch den selbstverständlichen Gebrauch von Taschenrechnern arithmetische Fähigkeiten, ja manchmal gar das Gefühl für Zahlen im ganzen verloren gegangen ist. In der Kurzgeschichte The feeling of power schildert Asimov bereits 1957 eine Welt, in der durch jahrhundertelange Computerverwendung die Kunst des Kopfrechnens und der Arithmetik mit Papier und Bleistift sogar bei den Mathematikern in Vergessenheit geraten ist. Ein kleiner Techniker mit einem Faible für Zahlen entdeckt diese Kunst neu und nennt sie " graphitics" . Anfangs glaubt jeder an einen billigen Taschenspielertrick, doch als er seine Fertigkeit vor einem Expertengremium demonstriert, erkennen die Spezialisten des Verteidigungsministeriums sofort die Relevanz dieser Technik: Es kann strategisch immens wichtig sein, wenn Soldaten auch noch rechnen können, nachdem alle Computer ausgefallen sind. Es fällt der bemerkenswerte Satz: "In theory, there is nothing the computer can do that the human brain cannot do" , eine ironische Umkehrung dessen, was Verfechter der "künstlichen Intelligenz" jahrelang propagiert haben. Unter größter Geheimhaltung wird ein Projekt über "human computation" gestartet. Am Ende bringt sich der arme Techniker aus ethischen Erwägungen um: " I thought ... that graphitics might be put to practical use as a benefit to mankind. [...] But now I see it is to be used only for death and destruction. I cannot face the responsibility involved in having invented graphitics" .

Menschenbild und Lebensform

Die sog. industriellen Revolutionen vom späten 18. Jahrhundert bis in dieses Jahrhundert haben eine bis dato unbestrittene Grundlage der menschlichen Gesellschaft aufgehoben, nämlich die Einheit von Lebens- und Arbeitsraum inklusive der Tendenz zur Großfamilie. Während Bauern, Kaufleute und Handwerker vorher im wesentlichen in der Nähe ihrer Wohnung arbeiteten, wurde es plötzlich notwendig, daß große Zahlen von Menschen täglich zu ihrer Arbeit in den Städten und Fabriken gingen und dadurch längere Zeit von zu Hause abwesend waren. Libbys Fleischextrakt, Maggis Würze, Fast Food, Trabantenstädte und Massentransportmittel sind die logischen Folgen der Industriegesellschaft und wären sonst nicht notwendig geworden. Unser Kollege Glaser aus der Psychologie, der für IBM Studien zur Telearbeit durchgeführt hat, macht zu recht darauf aufmerksam, daß die jetzt gerade entstehende sog. Informationsgesellschaft diese Entwicklungen der Industriegesellschaft rückgängig machen kann: durch Telearbeit und Computernetze wird jetzt wieder die Einheit von Lebens- und Arbeitsraum möglich. Positiv vermerkt Glaser, daß die Menschen sich wieder mehr zur Familie orientieren und daß auch ihr Freizeitverhalten wieder mehr auf die nähere Umgebung gerichtet ist. Dadurch, daß die tägliche Konditionierung entfällt, das Wohnviertel zu verlassen und ganz woanders hin fahren zu müssen, wird offensichtlich auch am Wochenende der Wunsch geringer, diesem Verhaltensmuster zu folgen. Trotzdem müssen wir uns im Klaren sein, daß die Welt nicht mehr dieselbe sein wird wie vor der Industriegesellschaft, denn die Kommunikationsformen werden sich geändert haben. Wir sprachen eben bereits über die Konferenzen in CompuServe; die Computergraphik bietet im wesentlichen heute bereits die technischen Möglichkeiten, eine Person auch von einem runden Tisch aus einer laufenden Videokonferenz auszublenden. Wenn ich eine Person in dieser Umgebung ignorieren möchte, sehe ich dann einfach einen leeren Stuhl in der Reihe. In dem Film Das Netz wird eine Frau vorgestellt, die praktisch nur noch elektronische Bekanntschaften hat und die deshalb auf der Straße niemand mehr kennt. Als ein Feind sie aus diversen Computern löscht bzw. ihr eine andere Persönlichkeit verleiht, hat sie deshalb größte Schwierigkeiten. In dem Roman The naked sun von 1957 schildert Asimov eine menschliche Gesellschaft, die nur noch über ein dreidimensionales holographisches Bildtelefon kommuniziert (viewing) . Der zwecks Erhaltung der Menschheit in seltenen Fällen notwendige persönliche Besuch (seeing) wird als unangenehm, lästig, ja traumatisch empfunden; die Leute haben Panik vor persönlichen Kontakten, was zum Teil auch dadurch anerzogen wird, daß die Neugeborenen gleich nach der Geburt von freundlichen Robotern in ein soeben freigewordenes Haus transportiert werden und dort liebevoll, aber ohne direkten Kontakt zu anderen Menschen aufgezogen werden.

In dem (ernst gemeinten) Buch Mind Children behauptet Morawietz allen Ernstes, daß die menschliche Persönlichkeit sich durch die im Gehirn ablaufenden Informationsverarbeitungsprozesse vollständig beschreiben läßt und freut sich auf eine Zukunft, in der es möglich wird to download a person into a computer , weil wir uns dann endlich von den uns von unserem Schöpfer aufgegebenen Unzulänglichkeiten und Beschränkungen freimachen können. Hier haben sich gerade Informatiker Verdienste erworben, indem sie die Absurdität solcher Gedanken aufgezeigt haben.

 

Ethik-Kodizes der ACM und GI

Ich möchte zum Ende meiner Ausführungen noch auf die Ethik-Kodizes zu sprechen kommen, die in der Informatikergemeinde zirkuliert werden. Asimovs Robotergesetze als Versuch der Definition einer Computerethik habe ich schon angesprochen; hier soll es uns jetzt um eine Ethik der Informatiker gehen. Einer der beachtenswertesten Ansätze ist der ACM Code of Professional Conduct , der Bestandteil der Satzung der ACM ist und deshalb für jedes Mitglied relevant. Hier werden fünf allgemeine Prinzipien (canons) aufgestellt, aus denen sich 15 Berufsideale (ethical considerations) ableiten, aus denen wiederum 20 verpflichtende Verhaltensmaßregeln (disciplinary rules) folgen. Nur die Verhaltensmaßregeln sind für jedes Mitglied verpflichtend, während die beiden höheren Ebenen ausschließlich erklärenden Wert haben. Auf der Ebene der canons ist keinerlei Informatik-Bezug zu entdecken; hier wird vielmehr eine allgemeine Ethik dargelegt. Beispiele für solche canons sind etwa: "Canon 3: Ein ACM-Mitglied soll die Verantwortung für seine Arbeit übernehmen" oder "Canon 5: Ein ACM-Mitglied sollte sein Spezialwissen und seine Fähigkeiten zur Förderung der menschlichen Wohlfahrt einsetzen". Auch auf der nächstniedrigeren Ebene der ethical considerations ist zunächst viel Allgemeines anzutreffen, z.B. "EC 1.1: Ein ACM-Mitglied soll klar kennzeichnen, wo es Meinungen außerhalb seines Kompetenzbereichs äußert" oder "EC 3.1: Ein ACM-Mitglied soll nur solche Aufgaben übernehmen, für die es eine vernünftige Erwartung gibt, daß die Anforderungen oder Spezifikationen erfüllt werden können; es soll seine Aufgaben in professioneller Weise erledigen". Wir finden hier aber auch Informatik-spezifisches, wie etwa die oben bereits angesprochene Pflicht zur Bekämpfung einer falschen Computergläubigkeit: "EC 2.1: Ein ACM-Mitglied ist aufgefordert, Wissen, Verständnis und Einschätzung der Informationsverarbeitung in der Öffentlichkeit zu erweitern und allen falschen oder trügerischen Aussagen in Bezug auf Informationsverarbeitung entgegenzutreten, die ihm bekannt werden" oder die Beachtung von Datenschutz-Prinzipien über alle gesetzlichen Vorschriften hinaus: "EC 5.2: Ein ACM-Mitglied soll, sobald es mit personenbezogenen Daten zu tun hat, immer das Prinzip des Schutzes der Persönlichkeitsrechte beachten und versuchen: die gesammelten Daten möglichst gering zu halten, den autorisierten Zugriff auf die Daten einzuschränken, ordentliche Sicherheit für die Daten vorzusehen, die notwendige Speicherzeit der Daten zu begrenzen und die ordentliche Vernichtung der Daten zu gewährleisten." Merkwürdigerweise finden wir auf der niedrigsten Ebene der verpflichtenden disciplinary rules wiederum wesentlich vageres und unspezifischeres, etwa "DR 5.2.1: Ein ACM-Mitglied soll gegenüber seinem Arbeitgeber oder Kunden seine professionelle Meinung äußern über alle negativen Konsequenzen für die Öffentlichkeit, die sich aus der dem Mitglied vorgeschlagenen Arbeit ergeben könnten."

In Deutschland vieldiskutiert sind die Ethischen Leitlinien der Gesellschaft für Informatik vom 7.6.1993. Obwohl selbst Mitglied dieser Gesellschaft, wage ich die Behauptung, daß diese Leitlinien, abgesehen von ihrem erläuternden Anhang, mit der Informatik nichts oder jedenfalls sehr wenig zu tun haben. Zwar erscheint hier häufig das (Teil-) Wort Informatik, es ändert sich aber nichts am Sinn, wenn wir es etwa durch Physik ersetzen. Problematisch erscheint vielen, daß hier auf mehreren Ebenen ethische Empfehlungen gegeben werden, so wird zwischen dem Mitglied (ohne weitere qualifizierende Zusätze), dem Mitglied in einer Führungsposition und dem Mitglied in Forschung und Lehre unterschieden, an die jeweils unterschiedliche bzw. weitergehende Forderungen zu richten sind. Das problematischste ist jedoch die hier vorgeschlagene kollektive Ethik . Ich zitiere aus dem Anhang der Ethik-Leitlinien:

Für den einzelnen Menschen sind aber nicht immer die Folgen von Verhalten in Kollektiven (Organisationen, Gruppen, Wirtschaften und Kulturen) überschaubar. Kollektives Verhalten bedarf deshalb zusätzlich zur individuellen einer kollektiven Reflexion. Kollektive Ethik beruht auf der Möglichkeit, mit "Vorsicht" künftige kollektive Handlungen, die sich nicht an Erfahrungen und daraus entwickelten Normen orientieren können, gemeinschaftlich zu bedenken. Eine besondere Notwendigkeit solcher Reflexion ergibt sich immer dann, wenn individuelle Ethik oder Moral mit der kollektiven Ethik in Konflikt geraten.

 

Nach all dem bleibt immer noch die Frage:

Brauchen wir eine Ethik der Informatik?

Natürlich habe ich eine Meinung zu diesem Thema, aber um die Diskussion nicht einzuschränken, möchte ich sie jetzt noch nicht äußern.